NEXUS - Juni 2025
- Isabelle DESARNAUD
- vor 3 Tagen
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 3 Tagen
Alle Nachrichten und Artikel des Monats Juni finden Sie auf der Website der Konföderation der Benediktiner: https://osb.org/de/casa/nexus-bulletin/
Liebe Mitbrüder, liebe Mitschwestern,
„Papisten!“ So nannte einer meiner Professoren in Oxford die Katholiken. Er war Professor für Diplomatik – die Wissenschaft von alten Urkunden („Diplomen“) – nicht von Diplomatie, wovon er eher nicht viel verstand, wie man an dieser Benennung schon erahnen kann.
Die sechs Wochen seit unserem letzten NEXUS haben viele Menschen wieder zu „Papisten“ gemacht. Papst Franziskus und dann Papst Leo beherrschten die Schlagzeilen, und Milliarden von Menschen haben die römischen Ereignisse mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgt – wir hier in Rom ebenso wie die Menschen überall auf der Welt. Es gab viele bewegende Momente, beeindruckende Bilder, und nun haben wir bereits einen neuen Papst, der die Kirche offenbar mit sicherer Hand leitet. Ich bin nicht besonders sentimental, denke ich, aber all das hat mich doch bewegt – und nicht wenig stolz gemacht, katholisch zu sein. Zum Vergleich: Deutschland und Österreich mussten kürzlich neue Regierungen bilden. Deutschland brauchte 72 Tage, Österreich fünf Monate. Die katholische Kirche regelte alles in 17 Tagen. Nicht schlecht für eine Institution, die viele für verknöchert halten.
Das erste Wort von Papst Leo XIV. von der Loggia des Petersdoms am 8. Mai war: „Friede“. Er begrüßte die Welt mit einem liturgischen und zugleich bedeutungsvollen „La pace sia con voi“. Mich hat das an die Friedensbotschaft erinnert , die wir beim Äbtekongress im letzten Jahr verfaßt haben. Während dieses Kongresses hörten wir von einigen Äbten über das Leid in der Ukraine, im Heiligen Land und in Burkina Faso. Ganz aktuell hat der Abt von Koubri einen eindrücklichen Bericht über die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Burkina Faso geschrieben, die kaum beachtet werden. Sie finden ihn in dieser Ausgabe von NEXUS. In Kenia mussten Benediktinerinnen und andere Ordensleute aufgrund von Gewalt ihre Missionen im Kerio-Tal verlassen – einer Region des Landes, das sich sonst als „Stolz Afrikas“ bezeichnet.
Als die Nachricht von der Papstwahl bekannt wurde, befand sich Abt Brendan Thomas von Belmont (Englische Benediktinerkongregation) gerade in Peru, wo er das Tochterkloster in Lurín besuchte. Er schreibt: Große Aufregung herrschte im Kloster, als Papst Leo auf dem Balkon erschien. Es war wunderbar, einen Papst mit einem peruanischen Herzen (und einem peruanischen Pass!) zu sehen – ein Mann von Chicago bis Chiclayo. Seine spanischen Worte vom Balkon rührten die Gemeinschaft sehr. Obwohl das Kloster südlich von Lima liegt, stammen drei der Mönche aus Chiclayo, Papst Leos ehemaliger Diözese im Norden Perus – darunter der Prior Dom Alex Echandia. Dom Miguel Rimarachin studierte damals am Priesterseminar in Chiclayo und traf dort zum ersten Mal Bischof Prevost. Er erinnert sich: „Er begegnete jedem mit Wärme und Interesse, nahm sich Zeit für Gespräche und erkundigte sich nach unserem Fortschritt. Er war sehr bodenständig, sprach aber mit Leidenschaft über Evangelisierung und Kirche. Seine Liebe zur Kirche – besonders hier in Peru – war spürbar.“ Ein besonderes Erlebnis war die Priesterweihe durch Bischof Robert Prevost, die zufällig auf Dom Miguels Geburtstag fiel. „Der Rektor des Seminars erzählte Bischof Prevost davon. Spontan umarmte er mich und ermutigte mich, meiner Berufung treu zu bleiben. Wenn man Bischof Robert begegnete, fühlte man sich immer motiviert und getragen von der Berufung.“
Hier in Sant’Anselmo hat die Namenswahl von Papst Leo eine besonders starke Resonanz ausgelöst. Er hat bereits erklärt, dass er seinen Namen in Anlehnung an Papst Leo XIII. gewählt hat, den ich für einen der größten Päpste der letzten zwei Jahrhunderte halte. Leo XIII. ist natürlich auch der Gründer unserer Benediktinischen Konföderation. Seine Vision, seine Energie – und, um ehrlich zu sein, seine finanziellen Mittel – machten die Gründung von Sant’Anselmo möglich. Wir werden daran täglich erinnert, wenn wir die Sakristei betreten, die von einem unübersehbaren Denkmal Leos XIII. dominiert wird. In meinen Träumen frage ich mich, ob Papst Leo XIV. sich vielleicht bewegen ließe, für die Benediktinerinnen zu tun, was sein Namensvorgänger für uns Männer getan hat – ihnen zu einem festen Standbein in Rom zu verhelfen, für Studentinnen und Dozentinnen, und einen Sitz für das CIB zu schaffen.

Dieser NEXUS erscheint – so hoffen wir – am Samstag vor Pfingsten. Das ist auch mein Namenstag. Und wenn Sie mir diese kleine Abschweifung erlauben, erzähle ich Ihnen gern etwas über meinen Namenspatron, den heiligen Jeremias. Als junger Mönch war ich tief inspiriert vom Propheten Jeremias. „Sag nicht: Ich bin zu jung – denn du wirst zu allen gehen, zu denen ich dich sende“ (Jer 1), hat mich als 7-Jähriger tief berührt, als ich ins Kloster eintrat. Ich wollte aber einen christlichen Heiligen – und habe mich schließlich für den heiligen Jeremias von Córdoba entschieden. Er war Kaufmann im muslimisch geprägten Andalusien und gründete später zwei Klöster in Tábanos – eines für sich und seine Söhne, und eines für seine Frau und seine Töchter. Später kam er zu der Überzeugung, dass das Martyrium ein noch sicherer Weg zur Erlösung sei als das monastische Leben, und ging hinunter in die Stadt Córdoba, um gegen den Propheten Mohammed zu predigen. Die Folgen waren absehbar: Er wurde im Jahr des Herrn 19 zu Tode gepeitscht. Es gibt leider nicht viele Darstellungen von ihm. Vor Jahren habe ich ein geschnitztes Relief von ihm und seinen Gefährten im Chor der Kathedrale von Córdoba entdeckt, aber das Foto, das ich damals machte, ist längst in den Tiefen meines Computers verschwunden.
In den kommenden Wochen wird das akademische Leben in Sant’Anselmo für die Sommerpause zur Ruhe kommen. Viele unserer Bewohner kehren in ihre Klöster zurück, andere aus fernen Ländern werden Gemeinschaften in Europa besuchen. Ein herzlicher Dank an alle, die unsere Mitbrüder in diesen Monaten aufnehmen!
Ich selbst werde Ende Juni und Anfang Juli mehrere Klöster besuchen, vor allem in Frankreich – eine monastische Welt, die mir noch nicht allzu vertraut ist und die ich gemeinsam mit meinem Sekretär, Pater Patrick Carter, erkunden möchte.
Ich wünsche Ihnen allen einen freudigen Pfingstsonntag und Wochen und Monate, die erfüllt sind vom Geist der Hoffnung.
In herzlicher Verbundenheit,
Jeremias Schröder OSB
Abtprimas
Comments