SO FERN UND DOCH SO NAH
Klöster in einer globalen Welt
ALLIANCE INTER MONASTÈRES 1961–2011

SURCO
Konferenz der monastischen
Gemeinschaften in Südamerika

Mauro Matthei Puttkammer OSB

 

Eine Frucht des Konzils

Die „Konferenz der monastischen Kommunitäten der südlichen Hemisphäre von Lateinamerika“, abgekürzt SURCO, ist eine Organisation der Männer- und Frauenklöster der Benediktiner, Zisterzienser und Trappisten, in der Zone Lateinamerikas, die man gewöhnlich als den „Cono Sur“, das „südliche Kap“ bezeichnet. Sie umfasst Argentinien, Chile, Uruguay und Paraguay. Ihr Hauptzweck ist, dass die nach der Regel des heiligen Benedikt lebenden Klöster auf bestimmten Gebieten zusammenarbeiten. Die hauptsächlichen Äußerungen dieser spirituellen Allianz sind die regelmäßige Publikation der Zeitschrift Cuadernos monásticos („Monastischen Hefte“), die seit 1966 ununterbrochen erscheint, das Abhalten von besonderen Einkehrzeiten für die Oberen, die alljährliche Organisation von Studien- und Ausbildungstagen für Mönche und Nonnen und ein Verlagshaus namens „Ecuam“, das Publikationen über monastische Themen fördert. Die Organisation besorgt auch den Unterhalt einer Internetseite namens www.surco.org, auf der sich ausführlichere Informationen finden. Derzeit umfasst die SURCO 26 Klöster, davon 13 Männer- und 13 Frauenklöster, wovon 21 Benediktiner und 5 Zisterzienser und Trappisten sind.

Diese spirituelle intermonastische Allianz, deren Zusammenhalt und Nützlichkeit sich seit mehreren Jahrzehnten erwiesen hat, war zweifellos eine Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die vielen Änderungen, die das Konzil mit sich gebracht hatte, wurden in allen Klöstern mit großem Interesse verfolgt und weckten den Wunsch, die zahlreichen Konsequenzen, die sich aus seinen offiziellen Dokumenten ergaben, kennenzulernen und umzusetzen. Im Unterschied zu Brasilien, das schon seit 1582 eine umfangreichere monastische benediktinische Gründung im Land erlebt hatte, kam es in den hispano-amerikanischen Ländern erst 1899 mit der Eröffnung der heutigen Abtei von Niño Dios („Gotteskind“) in Entre Rios (Argentinien) zur ersten monastischen Gründung. Zur ersten Gründung der Trappisten kam es erst 1958 mit Azul, der ersten Abtei. Dem Ordensleben nach der Regel des heiligen Benedikt fehlt also in den Ländern des Südkaps jene tiefe Einwurzelung, durch die sich vor allem die Orden der Franziskaner, Dominikaner, Augustiner, Mercedarier und Jesuiten sowie auch die neueren Kongregationen auszeichnen.

Zu dieser Schwäche der Ursprünge kommt in gewissen Benediktinerklöstern der Umstand hinzu, dass sie bis zum Konzil unterschiedlichen europäischen oder amerikanischen Mutterhäusern mit deren jeweiligen eigenen Generalkapiteln angehörten, sodass die kanonischen Visitationen und die Reglemente sehr unterschiedlich waren. Dadurch hingen sie von weit entfernten hierarchischen Instanzen ab, was sie folglich auch untereinander getrennt hielt. Im so optimistischen Klima der Erneuerung und des Gefühls des Anbrechens einer neuen Zeit, wie es das Konzil ausstrahlte, empfand man in den verschiedenen Klöstern den Wunsch, einander näher zu kommen, auch wenn dieser noch etwas verschwommen war. In den Kommunitäten hatte insbesondere das Dekret Perfectae caritatis ein lebhaftes Echo ausgelöst, und seine Nummer 22 wurde als direkte Aufforderung dazu angesehen, sich zwischen den verstreut liegenden Häusern um eine Vereinigung oder Föderation zu bemühen. In PC 22 hieß es konkret: „Wo es angebracht erscheint, sollen Institute und Klöster eigenen Rechts, die irgendwie zur gleichen Ordensfamilie gehören, mit Gutheißung des Heiligen Stuhles Föderationen untereinander anstreben oder Zusammenschlüsse.“

Diese Aufforderung des Konzils war zwar sehr deutlich und die Vorteile eines größeren Zusammenhalts lagen auf der Hand, aber sehr rasch waren auch Faktoren zu verspüren, die dagegen sprachen. Abgesehen von den unvermeidlichen Bedenken, die sich aus den recht unterschiedlichen spirituellen Ausprägungen und Stilen ergaben, und von bestimmten Befürchtungen, Ängsten und Vorurteilen, stand da auch die historische Tatsache im Raum, dass es hier noch nie eine Kongregation, Föderation oder Union gegeben hatte, die in der Lage gewesen wäre, den entscheidenden Impuls zu geben, wie es das in Altägypten für das Kloster Tabennisi und die nach der Regel des heiligen Pachomius lebenden Kommunitäten gegeben hatte, und dann wieder im Mittelalter für Cluny und Cîteaux oder zur Zeit der monastischen Restauration im 19. Jahrhundert für die Abteien Solesmes, Beuron, Subiaco und St. Ottilien. Für das südliche Kap gab es in der Zeit nach dem Konzil weder ein Zentrum, das aktiv geworden wäre, noch eine markante Persönlichkeit, die die Gemüter hätte mobilisieren können. Wir haben diese Situation in einer 1980 in der Zeitschrift Cuadernos monásticos veröffentlichten Studie mit dem Titel „Einpflanzung des benediktinischen und zisterziensischen Mönchtums in der südlichen Hemisphäre von Lateinamerika“[1] mit den folgenden Worten beschrieben: „Im südlichen Kap ist der Prozess der Integration der Klöster nicht nach den historischen Schemata der Vergangenheit verlaufen, sondern er war eher das Resultat einer nach und nach erfolgten gegenseitigen Annäherung, einer zuweilen klugen und zurückhaltenden Kontaktaufnahme, einer Art von geduldigem monastischem Ökumenismus, dem unwiderstehliche persönliche Strebungen fremd waren.“

Was aber vor allem die ersten Versuche in Richtung des späteren Zusammenschlusses der SURCO lähmte, war das Fehlen einer ausreichend definierten Vorstellung des Ziels, das man erreichen wollte. Anfangs sprach man von der Schaffung einer Art von Rahmengesetz und man dachte daran, dazu um die Hilfe der AIM zu bitten. Die erste konstruktive Initiative ging dann von einer eher marginalen Instanz aus: Einige Monate nach Abschluss des Konzils schlug der Prior P. Santiago Veronesi OSB vom Kloster Christkönig in Siambón, Tucumán (Argentinien) den Oberen der Klöster der südlichen Hemisphäre von Lateinamerika – Benediktinern und Trappisten, Mönchen und Nonnen – vor, ein Treffen zu veranstal- ten, um gemeinsam die neuen Wege zu studieren, die das Konzil dem monastischen Leben eröffnete und sich so auf den bevorstehenden Äbtekongress der Benediktiner in Rom und auf das Generalkapitel der Trappisten vorzubereiten. Dieses historische Ereignis kam vom 3. bis 5. März 1966 in den großen Räumlichkeiten des Klosters Los Toldos zustande. Daran nahmen acht Benediktinerobere sowie Dom Agustín Roberts, Prior des Trappistenklosters Azul, M. Äbtissin Mectildis Santangelo de Santa Escolástica und ihre Priorin M. Cándida María Cymbalista teil.[2]

Für die Zukunft dieser nachkonziliaren monastischen Treffen war seit dieser ersten Begegnung die Anwesenheit von P. Prior Agustín Roberts und M. Mectildis von entscheidender Bedeutung. P. Roberts hat die Zusammenarbeit von Benediktinern und Trappisten nachhaltig gewährleistet, was einer der schönsten Charakterzüge der SURCO ist und die sich mit Ausnahme Afrikas und Spaniens in den anderen Weltteilen nicht mit solcher Kraft manifestiert hat. Einerseits hatten die Schriften von P. Thomas Merton und auf volkstümlicherem Niveau die Romane mit monastischen Themen von P. Raymond bei den Benediktinern zu einer zunehmenden Wertschätzung des Trappistenlebens geführt, und andererseits wurden die Schriften von Abt Columba Marmion auch in den Trappistenklöstern gelesen. Hinzu kam der Umstand, dass die Benediktiner des südlichen Kaps weder Pfarreien noch große Schulen betrieben, wie das in anderen Breitengraden der Fall ist, sodass sich die Trappisten mit ihnen enger verwandt fühlten. Die gegenseitige Sympathie zwischen schwarzen und weißen Mönchen hat im Lauf der Jahre immer weiter zugenommen.

Die regelmäßige Anwesenheit der Äbtissin und von Nonnen des größten Frauenklosters im südlichen Kap, der Abtei Santa Escolástica, die damals nicht weniger als achtzig Nonnen zählte, bei den intermonastischen Treffen gab dem Gesamt der eher kleinen und weitab gelegenen Klöster, die sich oft kritischen Situationen ausgesetzt sahen, ein besonderes Gewicht und ein stärkeres Gefühl der Kontinuität.

Die bereits auf dem ersten Treffen von Los Toldos genannte Idee, sich an die AIM zu wenden, um bei der Strukturierung der Zusammenarbeit zwischen den Klöstern zu helfen, war bereits so ausgereift, dass P. Paulus Gordan, der damals unter dem Vorsitz von Abt de Floris Generalsekretär dieser Einrichtung war, am zweiten Treffen teilnahm, das vom 20. bis 27. Juni 1967 im Kloster Siambón stattfand. Da die Anfangsidee, sich in die AIM zu integrieren, angesichts der besonderen Natur dieser Institution nicht möglich war, folgte man dem Rat von P. Gordan und richtete eine „Konferenz der monastischen Oberen der südlichen Hemisphäre von Lateinamerika“ ein.[3] Die Konferenz wählte als ersten Vorsitzenden P. Igna- cio Bruni, Prior-Administrator der Abtei Niño Dios (Argentinien) und sie übernahm unverzüglich das Patronat über die Zeitschrift Cuadernos monásticos. Als weitere Aufgaben wurden die Organisation der künftigen Treffen, das Studium und die Ausbildung genannt. Die damals getroffenen Entscheidungen zeitigten bis heute gute Resultate. Beim vierten Treffen im November 1969 im Benediktinerkloster Las Condes wurde eine bezeichnende Namensänderung der Konferenz beschlossen: Angesichts der Tatsache, dass man zusätzlich zu den Oberen auch Delegierte der monastischen Kommunitäten zugelassen hatte, nahm man den neuen Namen „Konferenz der monastischen Kommunitäten in der südlichen Hemisphäre von Lateinamerika“ an[4]. Die Abkürzung SURCO kam später auf, zur Zeit, als P. Martín de Elizalde OSB Vorsitzender war. Ihr Vorzug besteht darin, dass sie nicht nur die Silben „Co“ (für „Konferenz“) und „Sur“ (für „Süd“) enthält sondern auch das spanische Wort „surco“ ergibt, das „Furche“ bedeutet.

Der Erfolg der SURCO hatte eine weitere günstige Wirkung, denn ab den Treffen von 1968 und 1969 beschlossen die Benediktiner, ihrerseits eine eigene Kongregation zu gründen, die Nummer 21 im Rahmen der „Benediktinischen Konföderation“. 1970 konnte eine „Prae-Kongregation“ auf die Beine gestellt werden, die am 27. Dezember 1976 mit der offiziellen Approbation durch den Heiligen Stuhl als Congregación benedictina de la Santa Cruz del Cono Sur („Benediktinerkongregation vom Heiligen Kreuz vom südlichen Kap“) zu funktionieren beginnen konnte. Zu ihrem 25jährigen Jubiläum im Jahr 2001 habe ich einen ersten Entwurf ihrer Geschichte verfasst mit dem Titel A los veinticinco años de la fundación de la Congregación benedictina de la Santa Cruz del Cono Sur, 1976 bis 2001 („Zum fünfundzwanzigj.hrigen Jubiläum der Benediktinerkongregation vom Heiligen Kreuz vom südlichen Kap, 1976-2001). Sie ist noch als Manuskript im Umlauf.


1 CCMM XV (1980), No. 52, 21-128.
2 Die Chronik dieses Ereignisses ist nachzulesen in den Cuadernos Monásticos 1 (1966), No. 1, 1-18.
3 Vgl. die Chronik des Treffens von 1967 in den Cuadernos Monásticos 2 (1967), No. 4/5, 245-255.
4 Die Chroniken des dritten Treffens 1968 in S. Benito in Buenos Aires und des vierten 1969 in Las Condes sind wiedergegeben in den Cuadernos Monásticos 3 (1968), No. 7, 139ff. und 4 (1969), No. 11, 38ff.

Mauro Matthei Puttkammer OSB: Mönch der Abtei Niño Dios, Victoria (Argentinien). Er lebt heute in der Abtei Las Condes in Santiago (Chile). Namhafter Kirchenhistoriker, der zahlreiche Werke über die Kirche und das Mönchtum Lateinamerikas veröffentlicht hat.